Feuerwehren ohne ein eigenes Fahrzeug

25.11.2024
Information
Noch neun Feuerwehren im Landkreis verfügen jeweils nur über einen Anhänger

Schlagkräftige Anhänger

 

Zugfahrzeuge einer Feuerwehr müssen nicht immer rot sein. Denn es gibt im Landkreis Cham noch insgesamt neun kleine Feuerwehren, die kein eigenes Einsatzfahrzeug haben, sondern nur einen Anhänger, voll bepackt mit Feuerwehr-Ausrüstung und mit einer einfachen Tragkraftspritze. Gezogen werden diese Anhänger von Landwirten, die im Einsatz- und Übungsfall mit ihrem Traktor zum Gerätehaus eilen, um dann den Anhänger zum Einsatzobjekt zu bringen. Es dürfte ziemlich außergewöhnlich sein, dass es im nördlichen Teil des Landkreises Cham gleich noch neun Feuerwehren mit einem TSA (= Tragkraftspritzen-Anhänger) gibt. Denn eigentlich verfügt so gut wie jede Feuerwehr mittlerweile über ein motorisiertes Einsatzfahrzeug.

Das Einsatzkonzept mag zwar auf den ersten Blick etwas altmodisch wirken, die jeweiligen Feuerwehren und auch die Verantwortlichen der Kreisbrandinspektion Cham aber können diesem Konzept nach wie vor viel abgewinnen. Ende Oktober haben sich einige Vertreter der Wehren mit ihren Feuerwehr-Anhängern und den Traktoren bei Rötz getroffen, um dieses mittlerweile ungewöhnliche Einsatzmittel vorzustellen. Es sieht schon ungewöhnlich aus, wenn die riesigen Traktoren mit den teilweise doch sehr kleinen Anhängern anrücken. Im Landkreis Cham verfügen die Feuerwehren Grassersdorf, Berndorf-Gmünd, Diepoltsried, Hetzmannsdorf, Heinrichtskirchen, Fahnersdorf, Steegen-Flischbach, Altenschneeberg und Sinzendorf noch über Anhänger, die mit unterschiedlichen Einsatzmittel bestückt sind. Die Anhänger sind letztlich das Einzige, was diese Feuerwehren haben – und sie werden genau deswegen auch von der Leitstelle Regensburg bei Bedarf alarmiert. Denn der Aufbau einer langen Förderleitung für Löschwasser geht oftmals nicht entlang der Straße, sondern über „Stock und Stein“. Da, wo Feuerwehrzeuge nicht mehr hinkönnen, da können die Landwirte mit ihren Traktoren und dem wertvollen Anhang mühelos hinfahren. Und die Tragkraftspritze kann genau dort eingesetzt werden, wo sie auch gebraucht wird, um Druck und Höhenunterschiede auszugleichen. Das dürfte dann auch das wertvollste Argument sein, warum es diese Anhänger mit ihrer einfachen feuerwehrtechnischen Beladung noch gibt. In ländlichen und schwer zugänglichen Gegenden sind die TSA noch immer ein schlagkräftiges Argument – neben der Kostenersparnis für die Kommunen, was Anschaffung und Unterhalt betrifft.

Die Bauvorschrift für Tragkraftspritzen-Anhänger ist recht überschaubar und verweist auf die üblichen technischen Anforderungen für Fahrgestell und Aufbau (DIN EN 1846 und E DIN 14 502-2). Eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ist zulässig, die zulässige Gesamtmasse darf 1.500 kg nicht überschreiten. Der Aufbau ist in geschlossener Bauweise aufzuführen, die Lagerung für die Tragkraftspritze muss ausklappbar oder ausziehbar sein. Weder Blaulicht noch Einsatzhorn sind vorgeschrieben. Die Mindestbeladung umfasst neben der eigentlichen Tragkraftspritze noch das klassische Material für die Wasserentnahme und -fortleitung und den Aufbau eines Löschangriffs, außerdem Warnkleidung, Kübelspritze, Feuerlöscher, Bolzenschneider und Schaufeln. Wo dann noch Platz ist und das Gewicht nicht überschritten wird, können weitere Gegenstände in dem Anhänger verlastet werden. Ein Vergleich der Anhänger, die sich bei Rötz positionierten, zeigt es deutlich: Wenn ein neuer TSA beschafft werden soll, dann fällt dieser üblicherweise größer aus und hat mehr Platz für ergänzendes Material.

„Kein Hersteller hat damals ein Angebot gemacht, als wir per Ausschreibung einen neuen Anhänger wollten“, so fasst 1. Kommandant Andreas Schmid von der FFW Fahnersdorf das schwierige Unterfangen einer Ersatzbeschaffung zusammen. Die kleine Wehr hat vor zirka sieben Jahren ihren alten Anhänger durch einen neuen ersetzt. Schließlich sei man auf eine Firma im Osten aufmerksam geworden, welche damals einen TSA als Vorführzeug hatten. Mit rund 16.000 Euro war die Wehr dabei und hatte so eine kostengünstige Ersatzbeschaffung. Und nicht nur das: Der neue Anhänger hat wesentlich mehr Platz und so konnte viel weitere Ausrüstung verlastet werden: Motorsäge, Holzkeile, 4-teilige Steckleiter, und, und, und. Halt alles, was so eine kleine Wehr benötigt, wenn sie effektiv arbeiten möchte. „Ich bin nach wie vor vom Einsatzwert der TSA überzeugt,“ ergänzt Andreas Schmid. Er kennt aber auch die Nachteile, wenn einer Feuerwehr kein eigenes Fahrzeug zur Verfügung steht: Die Mannschaft muss mit Privat-PKWs zur Einsatzstelle anfahren. Weder Versicherung noch Betriebsmittel für das Zugfahrzeug sind einkalkuliert. Und durch das fehlende Blaulicht auf dem Anhänger bestehe auf Straßen auch eine erhöhte Gefährdung; die Absicherung ist damit erschwert. Das größte Manko aber sind mittlerweile oftmals fehlende Landwirte. Denn immer weniger betreiben eine Landwirtschaft und sind damit tagsüber verfügbar. „Wir haben einen Pool von mehreren Traktoren, aber die sind eben nicht immer verfügbar. Sei es, weil der Landwirt damit gerade unterwegs ist oder weil er eben nicht da ist.“

Ähnliche Probleme haben auch die beiden Kommandanten der Feuerwehr Berndorf-Gmünd, Stefan Ruhland und Michael Ruhland, die zusammen mit ihrem Gerätewart Johann Keil zum TSA-Treffen gekommen waren. „Im Einsatzfall muss es dann schnell gehen. Dann laufen manchmal Telefon und WhatsApp heiß, um einen Fahrer mit Zugfahrzeug für den TSA zu finden.“ Aber so wie in vielen Wehren gebe es eben besonders zuverlässige Personen, die eigentlich immer da sind. Und dann geht es nach einem kurzen Halt am Gerätehaus zur Aufnahme des Anhängers zum Einsatz, wo auch immer dieser gerade ist. „Bei einem Großbrand in Trobelsdorf waren wir mit unserem Anhänger querfeldein unterwegs und dann mitten in der Förderleitung platziert,“ so ist es den beiden Kommandanten noch erinnerlich. Mit einem normalen Einsatzfahrzeug wäre hier kein Durchkommen gewesen. „Und ist der Traktor dann eh schon an der Einsatzstelle und wird noch viel Wasser gebraucht, dann wird eben schnell noch ein Güllefass geholt“, so Kommandant Andreas Schmid. Neben den geschilderten Problemen sehen Stefan und Michael Ruhland den Zeitfaktor und das nur bedingte Üben mit den Anhängern als weitere Mankos. Gerade bei der heutigen Jugend, so die beiden Kommandanten, könne man nicht mehr so einfach mit so einer beschränkten Ausrüstung punkten bzw. Abwechslung in den Feuerwehr-Alltag bringen. Dennoch wird es bei der FFW Berndorf-Gmünd so gehandhabt, dass es möglichst einmal pro Monat eine Übung und einmal pro Jahr eine Leistungsprüfung gibt. Manchmal auch in Gemeinschaft mit anderen Feuerwehren. Der Anhänger von Berndorf-Gmünd hat schon viele Jahre auf dem Buckel, nämlich geschlagene 52 Jahre (Baujahr 1972). Rostige Stellen und fehlender Platz machen sich da natürlich bemerkbar. Die verlastete Pumpe im Anhänger hingegen stammt aus dem Jahr 2015 und entspricht den aktuellen Anforderungen an eine Tragkraftspritze.

Was ist nun die Erkenntnis aus dem Treffen dieser TSA-Feuerwehren? Ganz einfach: Neben diversen Nachteilen punkten die Anhänger vor allem mit ihrer fast unbegrenzten Einsetzbarkeit und ihren geringen Anschaffungskosten. Gerade Kommunen, die viele Feuerwehren in ihrem Gebiet zu unterhalten haben und die angesichts der horrenden Preise im Feuerwehrbereich unter den Kosten ächzen, dürften ein Interesse daran haben, diese kleinen Feuerwehren mit ihren Anhängern zu erhalten. Einsatztechnisch haben die TSA vor allem im unzugänglichen Gelände unschlagbare Vorteile. Attraktiv bleiben die Anhänger aber wohl nur, wenn die betroffenen Feuerwehren Konzepte finden, um ausreichend Zugfahrzeuge und Fahrer zu generieren und um mit anderen Wehren regelmäßig zu üben, damit die Anwender auch ein wenig über den Tellerrand hinausschauen können. Und schließlich ist auch zu bedenken, dass die gesetzliche Vorgabe einer Hilfsfrist von zehn Minuten oftmals nicht eingehalten werden kann und in bestimmten Gebieten die Anschaffung eines TSF-W eine denkbare oder sogar notwendige Alternative sein könnte.